Ausbildung, ja auch das muss sein. Wir sind ja gerade in der Schweiz und hatten eine Super Zeit im Mittelmeer verbracht. Wir wollen aber weiter! Mittelmeer, ja aber bald möglichst raus auf den Atlantik. Einen Törn hatte ich ja schon einmal auf diesem Gewässer gemacht, von den Azoren zurück zum Festland. Das hat mir einen gehörigen Eindruck verpasst. Wellen, Nacht, viel Wind war da auch dabei. Aber die Route von den Kanaren in die Karibik mit dem Passat, das fehlt noch. Zeit habe ich ja jetzt “vorig”, also nichts wie planen. Wer geht sicher rüber? Segelschule, HOZ, CCS oder sogar mit der ARC? Alles währe ein Option. Rummel brauch ich nicht, so fällt die ARC schon fast weg. Der CCS war letztes Jahr auf dem Teich, dieses Jahr ist aber nichts dergleichen geplant. HOZ, meine alte Schule, hat genau das Richtige. Mitte November bis Dezember soll das Ganze gehen. Ich buche. Auch den Flug nach Las Palmas. Zurück, das lass ich noch offen.
Die Wochen vor dem Törn schaue ich das Wetter ganz genau an. Neben dem Proviant und der Vorbereitung des Bootes, ist es mein Thema Nummer eins! Mit den Monatskarten fange ich an. Was passiert normalerweise im November und Dezember in diesen Gebiet?
Im Durchschnitt ein Tag Flaute, Wind von NE bis E, Strömung NE bis E. Was will man mehr? So der Plan. Dann suche ich alle Wetterkarten nach den Prognosen für die nächste Woche. WetterWelt, PerdictWind die beiden Bezahlportale. Dazu PassageWeather und zyGrib für die Übersicht. Täglich vergleiche ich die Analysen und mach mir ein Bild. Am Tag X sollte ja die Strategie stehen.
Der Flug geht pünktlich am Sonntag, 13. November, von Zürich nach Las Palmas. Direkt für wenig Geld fliege ich zurück in den Sommer. Taxi, ein Taxi gönne ich mir für den Anfang. Ganz im Süden ist die Marina Pasito Blanco und da steht unser Katamaran. Es ist eine neue Lagoon 450. Genug Platz für uns acht Schnäuze. Es war in der Türkei und muss nach Hause auf die BVI. Warum nicht, denke ich, als ich das grosse Dinge sehe.
Die anderen Crewmitglieder sind schon alle da und so können wir die nächsten Tage und die Überfahrt planen. Die Proviantliste ist zügig aufgestellt, aber das Wichtigste fehlt oder besser, ist auf der Überfahrt vom Mittelmeer verloren gegangen. Ein Propeller. Was? Ja, einfach weg. Super. Ist er schon bestellt? Machen wir am Montag, sagt der Skipper. Okay. Das Einkaufen und den Propeller bestellen beschäftigt uns fast die ganze Woche.
Dazu der täglich Wettercheck. Auch das ganze Boot wird durchgecheckt. Motor, Wasser, Generator, Segel, Elektrik und das Rigg. Kurz rauf und alles kontrollieren.
Coole Aussicht aufs Boot. Alles ist in Ordnung.
Und die Umgebung von Pasito Blanco.
Das bestellte Ding verzögert sich wacker. Wenn alles gut geht, haben wir es am Donnerstag. Also warten. Wir machen diverse Ausflüge durch und über die Insel. Der grosse Sandhaufen in Maspalomas darf natürlich nicht fehlen.
Die gebirgige Hinterlandschaft gefällt mir aber definitiv am besten. Mit einem gemieteten Auto kurven wir durch die engen Täler und über Pässe.
Auch der schöne Hafen von Puerto de Mogan besuchen wir. Ganz nett hier. Touris hat’s ganz wacker. Die Hochsaison hat schon begonnen.
In Arquinequin finden wir einen ganz gut sortierten ShipChandler. Ein paar Ersatzteile und vor allem Dieselkanister werden gekauft. Die Wetterprognosen versprechen nicht so viel Wind über den Teich, so haben wir hoffentlich genug Diesel für die allfälligen Flauten.
Endlich ist es soweit. Der Propeller kommt per Taxi. Happy Skipper 😉
Ist es auch der richtige?
Morgen werden wir es sehen. Der Kran ist organisiert und so gibt es für mich eine Menge zu tun. Was macht das Wetter?
PassageWeather sagt eine grosse, grosse Flaute im Süden an.
Auch in einer Woche sehen die Prognosen nicht besser aus. Lauter nichts!
Bei der Abfahrt morgen sollte es noch genug Wind haben. Ausser in der Abdeckung haperts ein wenig.
Auch zyGrib hat was ähnlicher vor. Im Norden besserer Wind durch das Azorenhoch.
Dann die NOAA? Genau das gleiche Muster.
So, wo wollen wir den durch? Zuerst über den Norden und dann abbiegen in den Süden? Erwischen wir dann den genauen Absprung? PredictWind plant was ähnliches.
Oder sollen wir über die Flaute in Richtung 25° N, 25° W zur schmelzenden Butter? Wird der Passat dann auch kommen? Wir entschliessen uns für den Nord/Süd Kurs und bunkern noch ein paar Dieselkanister mehr. Wetterwelt sagt es noch deutlicher.
Freitag Morgen um sieben steht schon der Kran auf der Matte. Wir verlegen uns an den Steg nahe dem Kranloch. Unser Ding ist aber viel zu breit, also bei der Tankstelle hoch. Alles bereit und auf gehts.
Gut, dass wir die Lagoon am Kran haben. Das abgebrochene Gewinde hätte man vermutlich nicht so leicht unter Wasser rausgebracht.
Hier der Übeltäter.
Alles passt perfekt. Der Kran lässt uns wieder ins Wasser und nach einem kurzen Mittagessen legen wir um 11:20 Uhr ab.
Mit NE Wind der mit 2-3 Beaufort bläst, verlassen wir Las Palmas und gehen auf Kurs 250°. Die ganze Nacht haben wir guten Wind und mit vollen Segeln gurken wir Hiero entgegen. Mir geht es nicht so blendend. Die Seekrankheit plagt mich die ganze erste Woche. Schlafen und Wache auf der Flybridge geht ohne grosse Probleme, aber sobald ich was Essen möchte, ist zwar der Appetit da, aber es würgt stark. Lesen geht gar nicht. Nur mein Logbuch kann ich gerade noch schreiben. Schon komisch, aber was soll’s, es wird sicher bald besser. Derweil basteln die anderen Super Essen, was ich leider nicht so geniessen kann.
Dann kommt die grosse Flaute. Alles wird besser. Mein Logbuch hat wieder längere Notizen und auch dem Wetter kann ich nachgehen. Stimmt es immer noch? Ja und zwar ziemlich genau. Die erste Wäsche ist auch am Zug.
Zwischendurch motoren wir durch heftigen Regenschauer. Zum Glück steuert der Autopilot und wir können von drinnen dem ganzen nassen Zeugs zuschauen.
Einfach gewaltig was da so runter kommt. Das erleben wir immer wieder. Wie aus dem nichts oder von grossen, fetten Kumulus die sich über uns entleeren. Faszinierend.
Jeden Abend versammeln wir uns draussen und schauen der Sonne zu, wie sie langsam und schaurig schön untergeht.
Langweilig? Auf keinen Fall. Jedes mal ist es anders. Mehr Wolken, mehr Sonne oder mehr Farben. Unbeschreiblich!
Wache haben wir im Zweierteam und das 24/7h. Plotter, AIS und die Logge sind die Hauptanzeigen, die uns interessieren. Segel lassen wir während der fast sieben Tagen der Flaute unten. Die schlagen viel zu ärgerlich, abgesehen vom Verschleiss. Wir sind schon weit gekommen.
Auch mit dem Sextant messen wir immer mehr die Sonne. Mittagsbreite ist der Favorit und die Berechnung stimmen gar nicht so schlecht. Mit dem GPS im Hintergrund ist das sehr locker zu machen. Wehe, wenn das ganze Elektrogeraffel den Geist aufgibt. Aber schon ein gutes Gefühl, wenn man einen Backup hat.
Sonntag, Zopftag! Wir haben ein paar Zauberer auf dem Boot. Einfach lecker.
Das Essen ist einfach erstklassig. Immer wieder erstaunlich, was wir so aus der Kombüse zaubern. Alle helfen mit und so wird es jedes Mal ein Happening fürs Nachtessen. Was sehr gut zu halten ist, sind erstaunlicherweise die Tomaten. Die Rüebli im offenen Sack sind nicht so ideal gelagert. Das Ganze Frischzeugs muss einfach trocken bleiben, dann halten sie recht lange. Kühlschrank haben wir auch zahlreiche. Die drei brauchen aber sehr viel Strom. Doch die Ware bleibt dadurch lange frisch. Für den grossen Stromverbrauch haben wir ja die zwei Motoren und zusätzlich einen Generator eingebaut. Schon was schönes. Mit dem Wasser ist es ähnlich. Der Wasssermacher ist einfach eine Wucht und man gewöhnt sich fast zu schnell daran. Duschen nach einem Bad im grossen, grossen Wasser ist kein Problem.
Ja das Baden ist schon was Superschönes. Jedesmal staune ich über die tief, tief blau Farbe. Von der Erfrischung ganz zu schweigen.
Probleme? Haben wir fast keine. Der Generator zickt mal rum. Bis wir in dem Kühlschlauch das Problem finden. Auch “Gegner” sind sehr selten auf dem AIS zu sehen. Oder wenn sie auf Schirm auftauchen, kann man sie von Auge nicht sehen. So geniessen wir die Aussicht auf unserem “Balkon” immer wieder von neuem.
Fische? Sehen wir jede menge. Sogar Wale tauchen plötzlich auf und begeistern unglaublich. Was für schöne Tiere und diese Grösse ist wahnsinnig.
Delfine kommen fast regelmässig und zeigen uns ihre Kunststücke. Kurz vor St. Lucia “erwarten” oder begrüssen sie uns sogar.
Das mit der Angel hat irgendwie nicht so funktioniert. Alles wurde versucht um einen Fisch zu fangen. Sind die Köder zu gross? Zu farbig? Oder ist das Silch zu auffällig? Keine Ahnung. Am letzten Tag vor der Ankunft zappelt plötzlich was am Haken. Was ist das denn?
Haben wir ihn oder springt er wieder weg oder reisst er sich los? Nein, diesmal bleibt er dran. Eine wunderschöne Goldmakrele.
Der Mahi-Mahi ist ein wunderschöner Fisch und schmeckt auch dementsprechend. Ausgenommen sind es über sechs Kilo feines Filet.
Die Köche streiten sich drum, wer ihn nun wie kochen, braten oder dünsten soll oder darf. Es hat so viel davon, das beide zum Zug kommen. Ich habe schon viel Fisch gegessen, aber das war mit grossem, grossem Abstand das beste was ich je gegessen habe. Ein Traum. Einfach ein Traum. Was ist nun besser? Braten oder dünsten? Beides hervorragend.
Dann zählen wir fast jede Meile und trotzdem sind wir erstaunt, dass es nach zwanzig Tagen zu Ende ist. Der Diesel hat gerade gereicht und auch das Wetter wart uns gnädig. Hat die Analyse oder die Vorhersage nun gestimmt? Genau, ziemlich genau. Ich war und bin immer noch verblüfft, wie genau das Ganze aufgegangen ist. Wichtig ist eigentlich nur der Anfang. Links oder rechts. Aber die 25N/25W währe im Nachhinein sich auch aufgegangen. Aber gut zu wissen für’s nächste mal.
Da, da sind die Berge von St. Lucia. Wir sind alle überwältigt und doch etwas überfordert. Nach so langem Nichts, Land, Menschen, Trubel.
Spät am Abend des 8. Dezember erreichen wir die grosse Marina von der Rodney Bay. Ich begreife es lange nicht, wir sind angekommen. Es geht so schnell. Funk an die Marina, die lotsen uns zum Pier eins und schon sind wir an Land. Kurzer Besuch in der nahen Bar für ein erstes, feines, kühles Bier. Herrlich, herrlich fein!
Gut geschlafen. Die Uhren auf lokale Zeit umgestellt und in einer ganz und gar fremden Welt aufgewacht. Steg, wir sind am Steg, trotz des ARC.
Und ja, wir sind gestern tatsächlich am richtige Ort angekommen.
Duschen und uns langsam an die Leute zu gewöhnen ist das Erste. WiFi kommt gerade danach. Wie fliegen wir, ich nach Hause, weiter oder was gibts Neues. Ja die Zivilisation hat uns definitiv wieder. Die ersten verabschieden sich und mustern ab. Das nächste Ziel für morgen ist die berühmte Marigot Bay etwas weiter südlich. Vor über zwanzig Jahren war ich schon mal da. Hat sich was verändert? Aber gewaltig. Die ganzen Häuser und der Steg war einfach noch nicht da. Keine Bojen auch.
Die Aussicht aufs weite, weite Meer ist aber zum Glück immer noch ganz und gar intakt.
Das feine Nachtessen genehmigen wir uns im Dr. Doolitle. Genialer Bluemarlin auf heissem Stein! Ein Gedicht!
Weiter segeln wir der Küste von St. Lucia entlang nach Soufriere. Ein wunderschöne Bucht mit vielen Tauchspots. Die Fahrt zu den Pitons ist schon sehr eindrücklich.
Mit einem Boatboy legen wir uns an eine Boje und vereinbaren geradewegs eine Tour zu den Pitons. Genauer gesagt, auf den Kleinen. Sieht steil aus, es soll aber einen guten Weg da hoch geben. Okay. Der Bergführer holt uns ab und bringt uns zum Strand.
So richtig schön ist es hier. Der Führer barfuss und wir in komischen Schlarpen. Wanderschuhe hat natürlich keiner dabei. Wird schon gehen. Es wir steil und immer steiler.
Nichts, gar nichts von Weg oder nur schon einem Pfad. So klettern wir das Gebüsch oder besser den Urwald hoch. Die Aussicht wird immer gewaltiger und beeindruckender.
Wir kommen alle hoch und schauen der ganzen Insel entlang. Zeit haben wir aber fast keine. Der Führer schaut immer wieder auf die Uhr und mahnt zum Aufbruch. Sonst wir es schnell dunkel. Gefährlich ist es nicht, aber als die Dämmerung hereinbricht, wir es schon kritisch mit dem Übertreten der Füsse. Überlebt. Glücklich erreichen wir das Boot wieder und geniessen ein herrliches Znacht.
Morgen geht’s ins Dorf um zu sehen wie ein richtiges, karibischen Dorf aussieht. Soufriere enttäuscht uns nicht. Nette Läute, schöne, urige Häuser und gutes Essen und Trinken.
Wir schlendern durch die Gassen und gurken dann mit dem Dingi wieder zurück auf die Dream Easy. Letzer Abend. Morgen gehts’ nach Hause. Schon. Ja, schon sind die drei, fast vier Wochen vorbei. Viel, sehr, viel gelernt und hoffentlich bereit für unsere Überfahrt in nächsten Jahr. Der letzte Blick auf das Dorf.
Das Taxi holt uns ab. Danke und tschau ihr beiden. Der Skipper mit seinem “Matrosen” bringt die Gurke noch zu den BVI hoch.
Mit dem Flieger geht’s nun über Düsseldorf zurück in die Schweiz. Zum Schluss möchte ich allen acht ganz herzlich für die geniale Zeit danken. War tief beeindruckt!