Donnerstag, der 24. März 2022, ich bin soweit fertig! Bereit? Das Boot schon, ich, wie immer, Bammel vor dem Start. Etwas nervös und das ist gut so. Doch jetzt, um 9 Uhr, regnet es gerade in Strömen. Kaum ist das Nass vorbei, spaziere ich nochmals in den Supermarkt und kaufe ein paar Sachen ein. So zum Zeitvertreib, denn die Tide passt erst für 14 Uhr. Dann ein letztes Danke und auf Wiedersehen. War eine gute Zeit hier, aber ich muss weg.
Der Motor schnurrt, die Navigation ist an, Aaron hilf noch mit den Leinen. Weg bin ich und der Puls beruhig sich schlagartig.
Das mit der Brücke passt hervorragend. Kurzer Anruf auf dem Kanal 9 und er weiss, dass ich komme. Super. Und siehe da, der Verkehr staut sich und sie öffnet sich pünktlich.
Hätten wir das grösste Hindernis also auch geschafft. Da kommt noch ein Delfin vorbei und wünscht mir Glück. Danke Gaby, dass du auch kurz vorbeischaust.
Kann ja nichts mehr schiefgehen. Auch das Wetter, also der Wind primär, ist perfekt. Ich geniesse die ersten paar Meter und freue mich aufs Meer. Die Richtung ist aber nicht so wie eigentlich geplant. Denn der Wind ist da draussen etwas gar heftig und so entscheide ich mich, der Küste entlangzusegeln und erst im Süden den Sprung zu den Bahamas zu machen.
Piiiiip, piiip, piiip – werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Der Motor läuft zu heiss! Das Wasser kommt aber ohne Probleme und auch sonst alles okay. Doch der Alarm sagt was von 80° beim Auspuff. Sch…. Natürlich kommt gerade noch eine Brücke und bei der würge ich mich durch. Setze Segel und stelle den Motor ab, um zu schauen, was los ist. Alles gut, das neue Kühlwasser ist voll, der Impeller dreht locker und auch die Riemen sind gut gespannt. Aber woher kommt diese Hitze? Ich versuche es noch einmal – “klack” – und stumm. Kann den Motor nicht mehr starten. Jetzt fehlt die Ruhe. Überlegen fast unmöglich, denn ich bin mitten im Fluss, die Strömung treibt mich ins Meer und das ohne Motor. Gaby fehlt mir augenblicklich! Notruf, schiesst es mir durch den Kopf. Also ein PAN-PAN-PAN absetzen. Doch wo bin ich überhaupt? Das weiss ich leider nicht, denn das neue Navi kann ich noch nicht richtig bedienen und suche krampfhaft nach meiner Position. Die CoastGrade fragt natürlich alles ab. So wie Schwimmweste, Essen, Wasser, Personen und ob ich in Gefahr bin. Alles bestens, eigentlich. Gebe die Telefonnummer durch und werde dort angerufen. Natürlich kommt noch dazu, dass mein Handfunk auch gerade seinen Dienst quittiert! Sie SMS’s mir zwei Nummern für Abschleppdienste und ich rufe gleich an. Treibend oder besser segelnd. Die nette Dame sagt nur was von Ankern und sie holen mich, aber ich benötige ihre Angaben und vor allem, die Kreditkarte. Funktioniert tadellos, schmeisse den Anker, finde meine Position und endlich, endlich beruhig sie mein Puls. Habe ich alles richtig gemacht? Denke schon, ausser die gesalzene Rechnung müsste nicht sein. Aber im Nachhinein ist am immer schlauer. Nichts passiert, nur etwas Geld verloren 😉 Capt. David ruft mich an und bestätigt seine Ankunft. Der Typ ist der Hammer! Sein ganzes Leben hat er auf dem Meer verbracht und nimmt mich in Schlepptau. Ein paar Meilen nördlich ist zum Glück eine Marina, die ich auch schon angerufen habe, und kurz vor deren Feierabend, reservieren sie mir einen Platz. Ich bin Happy, extrem Happy als ich schön “süberli” am Steg festmache. Danke, tausend Dank, Capt. David!
Was jetzt? Keine Ahnung, was ich tun soll? Es ist ein WestMarine-Shop in der Nähe und sonst? Der Frust mischt sich mit dem Glück. Versuche nochmals den Motor zu starten – klack – nichts. Packe meine Tasche und wandere zum Marinagebäude. Treffe die gute Fee von der Marina und sie beruhigt mich und gibt gute, wirklich gute Tipps. Setze mich an die Bar, bestelle ein Bier und denke nach.
Also, die nagelneue Starterbatterie soll futsch sein? Oder zu schwach? Dazu, was treibt die Temperatur so schnell so hoch? Ich war gerade mal eine knappe Stunde unterwegs. Bin ratlos. Erst mal schlafen und morgen schauen wir weiter.
Schon früh auf, rufe sofort meinen Mech in der Schweiz an und er gibt mir die entscheidenen Tipps. Es gibt ein Steuerkabel für den Start. Einfach überbrücken und die Wärme, das kann alles sein. Der ist den das Ding so heiss? Impeller muss, kann es sein. So versuche ich zuerst das Kabel zu finden, ein- und ausstecken. Bingo! Der Motor startet wieder. Hammer. Was jetzt mit dem Hauptproblem? Zerlege alles, finde noch einen losen Riemen, ersetzte ihn und ziehe alles wieder an. Dann baue ich die Starterbatterie aus und renne damit zur WestMarine, die gleich um die Ecke ist. Kann das Ding sogar umtauschen und erstehe ein etwas stärkeres Ding. Dazu noch ein neuer Handfunk. Sonst noch was? Ne, habe alles und sonst komme ich halt wieder 😉 Zurück bei der Ulalena, alles einbauen und testen. Perfekt, alles wieder in Ordnung. Im Rest setze ich mich hin, denn ich kann jetzt noch nicht los, die Tide und so, und checke das Wetter. Jetzt oder nie, also um 15 Uhr kann’s losgehen. In zwei Tagen wechselt der Wind auf Süd und dann müsste ich mehr als eine Woche warten.
Ab gehts, zum zweiten Mal. Der Wind ist “gräme” und die Strömung treibt mich förmlich ins offene Meer hinaus. Der Motor schnurrt ohne Probleme. Segel hoch und der Süden kann kommen. Die Windfahne montieren, leider schon fast dunkel und mir wir speiübel, denn meine Seebeine sind noch weit weg. Perfekt. Kurs stimmt, Segel stehen gut und der Autopilot übernimmt. Ich muss mich hinlegen. Es ist Freitag Abend und in zwei Tagen sollte ich dann abbiegen können. Die Nacht ist, abgesehen vom perfekten Wind, ruhig. Keine anderen Schiffe in unmittelbarer Nähe. Stelle die Eieruhr und lege mich wieder hin. Alle halbe Stunde schaue ich nach dem Rechten. Warum nicht gleich so? So rausche ich mit wenig Segel Florida entgegen. Sausefahrt! Am Samstagmorgen entdecke ich, mein Schiff “rünnt”! Meine schöne warme kuschelige Decke ist nass? Die Pilze lecken. Kein Problem. Ein paar Tücher und das Ding ist wieder dicht, oder doch nicht. Die zweite Nacht ist noch entspannter, aber der Wind dreht sich immer mehr. Wie weit runter komme ich noch? Schade, ich muss rein, in den Kanal. Wo gehts am besten? Ponce de Leon ist perfekt. Da sollte ich immer reinkommen und sogar mit Segel. Gegen Mittag bin ich vor der Durchfahrt und starte den Motor. Läuft wie eine Eins und tuckere somit ins ruhige Wasser. Einen Ankerplatz habe ich auch schon und werfe ihn, gleich um die Ecke, ins 3 Meter tiefe Wasser. Abstellen, Pause, ruhig, schön!
Erleichtert! Lange Hose weg, Puli weg und die Mütze ist auch zu viel. Es ist über 20° warm. Erst mal was Essen und dann schaue ich nach den Lecks. Hmm! Kein Problem, hänge alles an die Sonne. Zum Glück habe ich ja immer noch Verbindung ins Netz und versuche aus dem Wetter schlau zu werden. He, ich bleibe einfach auf dem Kanal (ICW) und fahre da schön gemütlich in den Süden bis der Wind sich wieder dreht. Telefoniere noch mit den Behörden für einen Standort und gehe früh schlafen.
Um acht bin ich schon lange wach und ziehe den Anker hoch. Wunderbares Sommerwetter und überhaupt kein Wind mehr. Also genau richtig hereingekommen. So tuckere ich nun dem Kanal entlang in Richtung Süden. Sehr entspannend die ganze Sache, halt einfach nicht gar so schnell wie Aussenrum. Die erste Brücke ist passiert.
Ich habe ein Hoch. So entspannt und doch komme ich gut voran. Auch die Brücke kurz vor Titusville lässt mich ohne Probleme durch. Sogar die Strömung ist mit mir.
Die Gedanken sind im 2019. Da hatten wir hier eine unglaubliche Zeit. Wir waren natürlich in Cape Canaveral und hatten uns dort die Raketen angeschaut. War Hammer und jetzt bin ich wieder hier. Piiip, Piiiip, piiip – Super! Der Motor wird wieder wärmer bis heiss. Mitten im Fahrwasser schmeisse ich den Anker und stelle das blöde Ding ab. Gut kann ich hier überall “parkieren” 😉 Alle Deckel auf und …. nix. Finde einfach nichts. Keine Ahnung, was da los ist. Baue alles aus. Sogar der Wärmetauscher muss mal daran glauben. Neuer Impeller, neuer Riemen und das Röhrenpaket mal so richtig reinigen. Alles halb so schlimm. Zuerst aber benötige ich eine Mütze Schlaf! Es ist schon Dienstag. Ich bin kurz nach der Sonne auf und setzte wieder alles zusammen.
Test! Die Temperatur ist augenblicklich hoch! Keine Ahnung, was ich noch tun soll. Übrigens, das Starterproblem habe ich auch gründlich geflickt. Der kleine unscheinbare Stecker, natürlich unter dem Wärmetauscher angebracht, war extrem oxidiert und jetzt fast wieder wie neu. Mein lieber Freund in Soest weiss doch immer Rat. Anrufen und blöde Fragen stellen! Und er hat den Tipp der Tipps! Ist den das Wasser das rauskommt wirklich so heiss? Nein, ist es nicht. Habe ich da nicht noch ein Meter, dass die Temperatur messen kann? Habe ich, messen, normal, alles völlig normal. Schreibe mir alle Werte genau auf. Das blöde, defekte Alarmding erhöhe ich den Alarmwert und ich ziehe wieder los. Es ist schon Mittag, also ich den Anker aus dem Sumpf ziehe. Was für eine Schmiererei! Es geht mir wieder richtig gut! Danke dir, mein lieber Freund!
Da kommt schon wieder eine Brücke, kurz nach Titusville.
Das Thermometer steigt und steigt und ich setzte den Alarmwert, nach der Überprüfung mit dem “neuen” Meter rasant höher. Doch die Lage entspannt sich immer mehr. So komme ich bis Cocoa runter und mache gleich neben der Brücke fest. Herrlich, wirklich herrlich hier. Noch etwas Brokkoli und einen feinen Reis haue ich in die Pfanne.
Der Wind dreht sich und wird stärker. Schade, dass ich so viel Zeit verloren habe. Aber was soll’s, alles ist bestens. Das Navi habe ich auch immer besser im Griff und die Fahrt ist mega entspannend. Die Zeit sich umzuschauen habe ich natürlich auch wieder.
Dazwischen die Sandbänke mit den obercoolen Bäumen.
Dieser da gefällt mir besonders gut. Etwas Sand und etwas Holz. Einfach Super schön.
Trotz des immer stärkeren Gegenwind erreiche ich mein Ziel. Vero, Vero Beach. Auch da waren wir schon einmal. Es war der erste Hafen nach West Palm Beach und wir waren so richtig gut gelaunt. Jetzt liege ich direkt neben der Bücke, die wir damals mit dem Stuhl “bezwungen” hatten.
Tanken, genau tanken wollte ich ja auch noch, bevor ich in See steche. Hier ist leider alles zu und die bekannte Tankstelle in der Marina hat leider schon um 16:45 Uhr ihre Türen geschlossen. So lade ich den Ersatzkanister, keine Ahnung wie alt der Diesel hier drin ist, aus und filtere ihn in den Tank.
Weit ist es eigentlich nicht bis nach Fort Pierce, aber er Wind, eigentlich mein Wind, den ich für die Überfahrt super gebrauchen könnte, bläst mir voll auf die Nase. Augen zu und durch. Geschafft. Erreiche die 11 Uhr Öffnung der letzten Brücke und lege mich erst mal hin. Setzte den Anker direkt neben der Ausfahrt.
Nur noch warten, bis der Wind etwas nachgelassen hat, den draussen haben die Böen Werte von über 30 kn erreicht. Lasse mir Zeit. Heute Abend soll sich das Ganze beruhigen und dann gehts los. Erst um 23 Uhr und dann ist es dunkel. Nicht so ideal, aber das Fahrwasser und die Betonung sollten kein Problem sein. Setzte alle Marken für die Überfahrt und auch die Strömung, der Golfstrom zieht auch hier durch, sollten gut zu meistern sein. Die Nacht bricht herein und die Lichter zeigen den Weg. Doch es hat hunderte, die mir den Weg zeigen wollen. Anker hoch und raus. Die grünen und roten Markierungen nun ja nicht verwechseln 😉 Erledigt, bin draussen. Der Wind, tja, der ist etwas gar wenig geworden. Auch gut. Setzte das Gross mit etwas Genua und rausche in Richtung Bahamas. Endlich! Der Wind wird immer stärker und hilf mir über den starken Strom zu kommen. Meinen Kurs kann ich schon lange nicht mehr halten und werde tüchtig abgetrieben. Inzwischen ist die Frage, quer durch die Abacos oder Aussenrum? Aussen ist viel entspannter und ich kann segeln. Dann um 14 Uhr habe ich es erreicht. Die Strömung lässt merklich nach und den geplanten Kurz kann ich wieder anlegen. Da kommt gerade ein Gewitter angerauscht. Alles elektrische Zeugs in den Backofen. Wie das tut! Wahnsinn! Nach einer halben Stunde, Wasser weg, aber leider auch der Wind. Motor an – nichts! Echt, was ist denn jetzt. Kein Wasser kommt. Impeller? Perfekt. Dämlich, wirklich zu dämlich. Ich habe das Seeventil des Motors vergessen zu schliessen. Das Wasser, ja, das hat sich in der Beilage versammelt. Wie kann ich den Schlauch wieder entleeren? Abschrauben! Bingo! Er läuft wieder. Schon viel darüber gelesen und jetzt selbst passiert – wie kann man nur. Zum Glück bin ich draussen auf dem Meer und habe Zeit, das Ganze zu beheben.
Es ist schon Samstag und ich suche für heute einen Platz innerhalb des Riffs. Pensacola und die Einfahrt sollte keine grossen Probleme bereiten. Der Morain Cut ist nur noch 20 Meilen entfernt und so sollte ich nach dem Mittag bei dem Ankerplatz sein. So ist es. Motor läuft, Segel runter, Einfahrt gefunden und die Tiefe ist ideal. Dann kommt das Blau, das berühmte Blau. Dieses Türkis ist einfach der Hammer und lässt sich mit nichts vergleichen. Ich wollte eigentlich in die Südbucht der kleinen Insel, doch der Wind kommt ja von dort. Anderer Plan, abbiegen und in die wunderschöne Nordbucht. Erleichtert, ruhig und langsam gewöhnt mach sie an die Tiefen von etwas mehr als 3 Meter. Kenne ich ja schon, denke ich und hops, holper, sitze ich fest. Ebbe, zum Glück. Ich bin einfach zu müde. Blöder Fehler. Schaukle mich frei und setze den Anker. Zeit, um mir endlich das Blau etwas genauer anzuschauen.
Ich bin etwas mehr als 150 nm gesegelt und um 14 Uhr angekommen, angekommen in den Bahamas. Ich bin überglücklich, dass ich das Ziel erreicht habe. Erleichterung pur. Morgen, ja morgen sind es noch knappe 20 mn nach Green Turtle Gay. Dort kann ich einklarieren. Es ist zwar Sonntag, sollte aber trotzdem machbar sein und sonst halt erst am Montag.