Wir schlafen lang, viel zu lang und kommen nicht aus den Federn. Hier in Silvaplana ist das Wetter zwar immer noch gut, aber frisch. So dauert es ein Weilchen, bis wir warm sind und endlich das Müsli geniessen können. Dann studieren wir den Wetterbericht. Wann sollen wir los? Jetzt? Am Nachmittag? Es kommt mal wieder eine Front und wie schnell die sich bewegt, ist ziemlich ungewiss. So lassen wir uns Zeit für den Zmorge und packen dann unsere Siebensachen zusammen. Noch kurz die wichtigsten Koordinaten im GPS eintragen und schon sind wir im Aufstieg zum Julier. Das Wetter ist ja wunderschön, noch. Wir fahren dem Unterland entgegen und erleben wie die Wetterfront sich ziemlich rasch unserem Standort nähert. So haben wir gute Chancen, trocken am Bodensee anzukommen. Doch zuerst müssen wir einen Weg finden. Wir probieren ohne Maut nach Deutschland zu kommen und finden einfach den Knopf nicht, um diese Strasse mit dem GPS zu umfahren. Es ist nicht, gar nicht der direkte Weg um nach Lindau zu gelangen. Doch wir schaffen es und natürlich treffen wir im vollen Regen beim ersten Campingplatz ein. Anstehen und – voll, alles belegt. Hmm, weiter zum Nächsten. Wir fahren dem grossen See entlang und entdecken zufällig einen kleinen Platz, der gar nicht vermerkt ist. Auch gut. Fragen. Wie lange? Drei, vier Tage? Haben wir nicht, nur für zwei Tage gibt es ein Rechteck für uns. Wir buchen! Die Leute sind super nett, benötigen aber trotzdem ein Zertifikat. Haben wir und lassen uns rein. Gleich nach dem Eingang finden wir unsere Nummer und stellen unseren Van auf die Böcke. Die Wasserwaage checkt Ausrichtung, nicht dass wir wieder mit dem Kopf so runterhängt wie auch schon 😉 Passt alles und so haben wir enormes Glück, das gerade in diesem Moment der Regen nachlässt. Alles steht und wir schnallen den Töff an, um den See zu suchen. Nach ein paar Meter stehen wir fast im Wasser. Die Stimmung ist gewaltig. Richtig “Sturm” hier. Die Warnleuchten blinken und die Wellen, ja genau es hat richtige Wellen, rauschen.
Auch wir haben das vermisst! Gaby ist zwar wegen dem vielen Wind nicht gerade glücklich, aber ich geniesse es aufs Wasser zu schauen. Die Front ist definitiv vorüber.
Ein paar Kartoffeln und Käse zum Znacht und zeitig ins Bett. Lesen, lange lese ich Gaby aus dem Obama-Buch vor. Schon spannend, wie er so seine Arbeit beschreibt.
Doch mit dem Wetter haben wir uns getäuscht. Wir stehen zwar unter einem Bau, aber der Regen gibt im Dunkeln wieder Vollgas. Rauschen, Böen und viel Nasses prasseln auf unser Wagen. Erholsam ist anders. Gaby? Gaby schläft wie ein Stein und kommt von alldem nicht viel mit. Das Wetter hat nur noch einzelne Wolken und schon bald zeigt sich die Sonnen. Zuerst ist allerdings die Büroarbeit angesagt. Rechnungen zahlen und die Krankenkassen wollen bedient sein. Fertig! Wir können los. Einpacken und dem See entlang. Zuerst sollten wir noch kurz ins Dorf, Brot und Konfi ist alle. Hier in Wasserburg hat es alles und sogar einen Naturbeck, was, ja genau und die Backwaren sehen ausgezeichnet aus. Ein Rüebli, Fitness Brot darf es sein. Hmm. Dann los zum Ufer des Schwabenmeers. Das Schloss, Burg, Kirche, der St. Georg, vom Dorf fällt natürlich sofort auf. Wir sind aber schon erstaunt, dass wir noch nie davon gehört haben.
Wir sind vollkommen entzückt und schauen uns um. Auch die Kirche muss von innen besichtigt werden. Schön! Ein Kafi haben wir uns schon verdient und so sitzen wir ins Schloss. Luca verlangt nach einem Eintrag und schon geht die Bestellung raus. Aprikosen-Creme! Fein, dazu die Aussicht auf den See. Wir bekommen Heimweh. Es gefällt uns so gut, dass wir noch bis zum Paradis laufen. Ein überwältigender Ort am See mit Blick auf Wasserburg und Lindau, dazu im Hintergrund die Berge von Österreich und der Schweiz.
Zurück beim Van frönen wir dem milden Wetter. Das Kernige verlassen und im Sommer angekommen. Ich bastle einen feinen Salat und Gaby hänge ich an den Schlauch. Einheitsbrei für sie – leider. Aber der Espresso gehört uns beiden. Lecker.
Heute wollen wir unsere “neue” Insel erkunden. Etwas weiter unten ist Lindau mit einer momentanen Gartenausstellung, die möchten wir uns ansehen. Zuerst müssen wir aber noch für zwei weitere Tagen buchen und dafür den Bus umstellen. Jetzt stehen wir geradewegs am Eingangstor zum See runter. Gatekeeper – offiziell 😉 Alles halb so wild. Die “Gigelfuhr” ist bereit für einen kleinen Spaziergang nach Süden. Der Weg, Veloweg ist 1A. Flach und ruhig, trotz der unzähligen Velos die an uns vorbeischiessen. Hat den hier jeder ein Velo und muss um den See rum? Scheint so. Dann haben wir die Insel erreicht. Doch die Barriere senkt sich gerade. Ein Kafi, von dem fahrbaren Kafihaus lassen wir uns geradewegs verwöhnen. Goldig und dabei erleben wir etwas ganz Besonderes, ein Velostau! Ja, genau die Schranken sind sooooo lange geschlossen, das sich fast an die hundert Velos auf beiden Seiten versammeln und warten. Vom Kafiverkäufer erfahren wir, dass das jeden Tag ein paar hundertmal passiert. Echt! Wir haben unseren Spass und geniessen dabei das starke Gebräu. Endlich geht das Ding hoch und wir verabschieden uns vom Meister. Finden gleich den Eingang zur Ausstellung und finden uns schon bald mitten in den schönsten Blumen wieder. Bildschön gemacht. Am besten gefällt uns der blaue Garten, der von Chagall inspiriert wurde. All diese Blautöne sind einfach der Hammer. Wir ziehen beim Pulverturm vorbei. Studieren seine spannende Geschichte und etwas weiter unten gönnen wir uns mal wieder ein Kafi, inklusive Marzipanstange. Genug der Blumen. Wir verlassen die Show und laufen zum Hafen. Da verschlägt es uns fast den Atem, grandios, trotz tausenden von Leuten!
Jetzt wissen wir endlich, warum es am Ufer so viele unzählige Parkplätze hat. Das ist ja ein wahres Bijou und von alledem haben wir noch nie was gehört. Sogar mit einem Tagesausflug würden wir hierherkommen. Schande über uns. Wir kennen die Welt, aber nicht unsere Heimat. Der ganze Weg zurück laufen wir recht zügig und haben dementsprechend Durst als wir auf dem Campingplatz ankommen. Ein feines Bier löscht das Bedürfnis und Gaby bekommt ihr Wasser. Schön ist es hier. Dazu umwerfend nette Nachbarn. Beim Znacht beisse ich mir eine Füllung raus. Blöd, wirklich blöd. Es ist nur ein kleines Ding, warten wir bis zum nächsten Zahnarzt-Termin. Als es dunkel wird, wir die Türen ein paar mal öffnen, spricht uns der Nachbarn direkt an. Was ist denn das für ein Licht, das da jedesmal angeht? “Welcome-Light” nennt sich das und wir können nichts dafür. Bei ihm ist seine Pergola aber jedes Mal im Volllicht. Nicht so heimelig. So bauen wir noch kurz unser Campervan um. Er bekommt Schlafmasken! Schön? Schön sieht anders aus, aber sie sind sehr wirksam 😉
So simple! Gute Nacht!
Wir und scheinbar auch der Van haben sehr tief geschlafen. Lange, grosse Physio für Gaby und ein feines Zmorge. Viel Kafi und Zeit benötigen wir an diesem herrlichen Morgen. Dann kommen wir doch noch los und möchten uns den nahen Park der Familie Gruber anschauen. Ein reicher Geschäftsmann, ursprünglich aus Lindau, macht sein Geld in Genua vor allem mit Baumwolle. Hier an seinem Heimatsee lässt er sich 1840 einen Sommersitz bauen. Dazu ein grossangelegter Park. Nur ein paar Kilometer weg, sehen wir uns diesen Garten etwas genauer an. Verrückt und gediegen. Faszinierend der Ausblick direkt zur Einmündung des Rheins. Genug der Geschichte und Zeit in der nahen Badi ein Kafi zu genehmigen. Bezahlen mit Karte, Telefon? Geht nicht, also Bargeld. Vergessen! Ohne einen Rappen, Cent sind wir ausgerückt und müssen jetzt unverrichteter Ding nach Hause watscheln. Blöd. Zeit zum Lesen und Bloggen. Da kommt eine Schauspielerin vorbei, sagt sie. Lebt auch im Campervan und zieht von einem Ort zum anderen. Momentan leider Arbeitslos. Kein Theater im Moment. Jetzt verkauft sie Kafi! Sie unterstützt aber auch “Behinderte” und deshalb spricht sie uns an. Faszinierend solch spannenden Leute zuzuhören. Es ist schon fast Dunkel, als sie geht und ich mein Znacht beende. Dann passiert’s! Zack! Der Backenzahn ist ab! Was, noch einen. Erst dachte ich es sein ein Stein im Brot, nein es ist eine Wand von meinem Backenzahn. Somit ist es geschehen. Ich MUSS definitiv zum Zahni. Aber wohin? Morgen müssen wir weiter, einen Platz haben wir hier in Wasserburg leider nicht mehr und müssen wohl oder übel unsere Zelte abbrechen.
Freitag, der Zahn ruft! Voll wach sind wir beide noch nicht, als ich am Telefon hänge. Ich telefoniere mit meinem Hauszahni, um nach einer Lösung zu fragen. Jetzt sofort oder dann eben am Montag, lautet die Antwort. Der Norden muss warten. Einen Umweg über Ottenbach ist leider die beste Lösung. Wir packen. Da überrascht uns noch unser lieber Nachbar, er wünscht uns weiterhin eine gute Reise und schenkt uns ein selbst gemalten Stein, auf dem unser Van verewigt ist. Wie cool ist das denn! Wir haben sichtlich grosse Mühe, uns von diesem lässigen Ort zu verabschieden. Die Fahrt ist dann ziemlich schnell vorbei und wir stehen mal wieder auf unserem Parkplatz. Das Telefon ruft, wieder ein Rückruf von Ford – die Gasanlage soll defekt sein! Was, zum Glück haben wir sie noch nicht angeschlossen. Hatten halt immer Strom und kochten so ohne Gas. Glück im Unglück!? Bald, bald wollen wir aber weiter – in den Norden 😉
PS: Die Backenzahnwand und die Plombe sind ohne Probleme geflickt. Unsere Gasanlage ist von Defekt zum Glück nicht betroffen.