Bereit sind wir schon lange! Fit eigentlich auch und die verschiedenen Therapien und Hilfen für Gaby verfehlen ihren Zweck auch nicht. Die Hurrikan-Saison ist schon seit Juni im Gange und so macht es keinen Sinn in die Staaten zur Ulalena zu fliegen. Aber können wir den überhaupt hin? Nein! Schon zwei Mal wurde uns die Einreise von der US-Botschaft verweigert. Sind nicht Systemrelevant! Geimpft währen wir zwar und bräuchten aber momentan doch noch einen Test für die Einreise, doch man lässt uns nicht rein. Was machen wir? Mit dem Wetter währe nur der Norden der Staaten eine Option, doch unser Cruising-Permit ist schon sehr lange abgelaufen und eine Erneuerung ist nicht vorgesehen. Ausreisen ist die einzige Alternative – uns fällt immer mehr die Decke auf den Kopf. Planen können wir nicht und die Strecken von und nach Affoltern oder der Reuss, kennen wir mittlerweile in- und auswendig. Wir steigen um – Gaby will nicht mehr zuwarten und mit dem Boot wird es immer schwieriger. So diskutieren wir über eine Ulalena II nach. Ein Campervan! Nicht zu gross und nicht zu klein. Aber jetzt in diesem momentanen Hoch in der Zu-Hause-Ferien-Camping-Geschichte einen gescheiten Wagen zu finden ist vermutlich fast aussichtslos. Wir starten die Suche im Web. Parkplatzgrösse und eine feste Küche ist eigentlich alles was wir brauchen. Ford, ja der Nugget ist so ein Ding und unsere Garage vermietet ja solche Möbel. Telefon, Termin für eine Besichtigung abmachen und schon stehen wir vor dem Nugget. Nach einem Blick von Gaby in die Innereien des Campervan und nur fünf Minuten später, nickt sie. Also geht’s an die Bezahlung. Mieten, leasen oder bar bezahlen? Wir brauchen eine Zahl und ziehen uns zurück zu Berechnungen. Was ist wie teuer und wieviele Zinsen ist es uns Wert? Fragen die Bank an und – wir verkaufen unsere Wertpapiere. Ulalena II ist gebucht und bereit für uns. Nur noch das ganze Gemüse mit den Versicherungen und Nummern erledigen und wir sind stolze Besitzer.

Was machen wir den damit? So über Nacht ein neues Kind bekommen – wir sind überfordert. Stöbern im Netz nach möglichen Routen und vor allem, was brauchen wir noch an Ausrüstung. Da gibt es wirklich geniale Blogs, die so eine Liste sehr detailliert beschreiben. “Living in the Box” buchen wir auch gleich, denn die sind wirklich sehr gut und auch ihr Buch, dass wir von unserem Sohn ausgeliehen bekommen, überzeugt uns von Anfang an. Alles bestellen und abwarten, wie geliefert wird. Als nächstes wollen, sollten wir mal ein kurzes Schuelerreisli damit machen. Einen ersten Stop wollen wir in der Schweiz planen und zwar im schönen Engadin. Wir versuchen zu buchen! Versuchen ist das richtige Wort, denn es ist, natürlich, nichts frei. Mitten in den Sommerferien ein Platz zu suchen, nicht gut. Aber es hat einen Camping in Silvaplana, die keine Reservationen entgegennehmen und genau das brauchen wir. Dazu haben sie noch einen Stellplatz für Campers. Der Plan steht!

So holen wir am zweiten Juli unser neues Juwel ab. Zuerst aber eine Super Einführung, die uns total überfordert. Motor anlassen und weg sind wir. Zu Hause auf dem “kleinen” Parkplatz, wir müssen das Ding richtig in die Büsche setzten, damit sein Hinter nicht auf der Strasse landet. Alles rein und mal notdürftig verstauen. Die letzten Dinge werden natürlich erst am Montag geliefert, aber immer noch rechtzeitig für die erste Reise. So fahren wir am Dienstag um zehn zum ersten Mal los, denn in Wettswil merken wir erst, das Gaby’s Pumpe fehlt. Gerade noch Glück gehabt. Jetzt sollten wir alles haben. Das Wetter ist fast zu gut, bis Tiefencastel ist es blau und bis 30° warm. Sehr gut. Auf dem Julier wird’s dann etwas frischer und in Silvaplana sind es dann immer noch 22°. Einen Platz? Bekommen wir locker. Im grünen Bereich darf wild parkiert werden. Kurz hinstellen und weitersuchen. Ah, da ist noch ein besser Platz, lasse Gaby mal im Schilf stehen und parke um. Perfekt! Mann, sind wir froh. Dazu ist es wirklich ein ganz genialer Campingplatz. Sensationelle Anlagen für’s Abwaschen, Duschen, Toiletten, Laden und erst noch direkt am See. Volltreffer! Doch jetzt kommt die volle Überforderung – wie war das mit dem Dach? Wo ist die Kurbel für die Markise? Strom? Gibt es überhaupt einen Kasten in der Nähe? Gaby setzte ich mal in den schönen, neuen Liegestuhl und ich suche unterdessen weiter. Natürlich hat es noch Wind und so kommt die neue Plane auf der Seite zu ihrem ersten Einsatz. Anleitung lesen und versuchen dieses sperrige Ding zu montieren. Endlich ist es geschafft und wir können ein erstes Mal ausruhen. Die diversen Provisorien stehen fürs Erste.

Mit einem feinen Salat beenden wir diesen Tag und wollen noch einen feinen Kaffee dazu machen. Wir haben Nescafé gekauft! Und das erst noch zweimal. Mit Espresso war wohl nix. Auch die erste Nacht ist nicht gerade der Hit! Ich lege mich über drei Kanten hin und mache fast kein Auge zu. Dazu natürlich wie auf dem Boot, hören wir auf einmal wieder alles. Das Wetter, Vögel, Nachbarn – alles ist neu. Halt, wie zum ersten Mal auf der Schülerreise!

Die nächsten Tag haben wir aber Zeit die diversen “Mängel” zu beheben. So leben wir die ersten paar Tage mit dem Dach unten, eigentlich die “Liegewiese”, auf Wagenhöhe, um unser endloses Puff zu versorgen. Aber dann wird es immer besser und als der “Himmel” sich öffnet, die Liegewiese kommt nach oben, müssen wir nicht immer fast auf den Knien in die Küche kriechen. Dazu müssen wir lernen, wie denn die Markise am besten Montier wird. Hoch oder runter? Weil es auch noch zügig Wind hat, ist die Sicherung zentral. Aber bei Regen in der Nacht, produzieren wir einen See! Super! Bei den Nachbarn sieht alles so einfach aus 😉 Erst als unser Sohn am Wochenende kommt, kriegen wir auch das in den Griff. Einfach nur eine Seite etwas runterlassen – wir kommen uns so blöd vor. Am nächsten Tag sehen wir uns das Dorf Silvaplana etwas genauer an. Die Häuser im Dorfkern sind schon eine Wucht.

Der Dorfplatz ist wahrlich ein Schmuckstück und etwas weiter unten finden wir einen Volg, in den wir uns mit den letzten Sachen versorgen. Eine Torte mit Nüssen darf natürlich nicht fehlen. Zurück auf unserem Platz geniessen wir die grandiose Aussicht direkt auf den über 3000 Meter hohen Corvatsch. Wir gewöhnen uns langsam an die Höhe, denn es ist über 1800 Meter über Meer, und geniessen die Landschaft und die wunderschönen Spazierwege. Natürlich am See entlang und bei der Brücke dieses schöne Schloss mit den Blumen. Wir sind entzückt von so viel Schönheit.

Kalt wird es auch noch! Letzte Nacht wurde es immer kühler, aber unter der Decke haben wir immer schön, kuschelig warm. Doch am Morgen naht der Kälteschock, unter 5°! Jetzt muss die Heizung her. Ob sie auch läuft? Noch nie probiert. Doch das Ding, es wird mit Diesel betrieben, springt sofort an und versorgt uns mit wolliger Wärme. Herrlich! So können wir die Physio-Übungen ohne Kälteschock geniessen. Die Sonne kommt und jetzt wird es viel zu heiss. Ofen weg und Sonne rein. Auch haben wir für die Kälte und den Regen einen guten Platz gefunden, im Pappaloù! Dort wird eines Tages sogar der Ofen gestartet, so kalt ist es geworden.

Bei gutem Wetter testen wir die Wanderkarten und finden immer bessere Wege für uns. Wir geniessen es in vollen Zügen, endlich mal wieder in der Natur zu sein. Dazu noch am Wasser, grandios!

So zum Zmorge unter der Markise zu sitzen, ein Kafi zu trinken, die Berges zu bestaunen, die manchmal sogar vom Schneefall leicht gezuckert sind, und einfach Zeit haben. Mehr brauchen wir nicht. Zudem funktioniert immer mehr und wir finden langsam in den alten Rhythmus zurück, der uns auf Reisen immer begleitet. Dann wird der Platz immer voller und es tauchen so komische Sportler auf. Mit Neopren und doch mit Laufschuhen bewaffnet. Lustig, aber das kann ja eigentlich gar nicht sein. Schwimmen mit Schuhen oder rennen mit Neopren. Doch dann sehen wir ein Plakat der genau dieses verspricht. Ein Swimmrun Event der von Öttilö gesponsert wird. Das müssen uns doch wirklich ansehen. Um 11 Uhr soll der Start sein. Geradewegs beim Camping. Und da warten sie schon! Einzeln oder mit einer Leine verbunden als Paar.

Die rennen also wirklich in dieser Montur durch die Gegend und haben zum Schwimmen noch Hilfen dabei. Ein Teil zwischen den Beinen und kleine Flossen an den Händen. Wir können nur staunen und verfolgen sie fast den ganzen Nachmittag. Immer mal wieder springen sie ins kalte Seewasser und crawlen davon. Faszinierend. Die schnellsten sollen in ein Paar Stunden zurück sein und morgen Sonntag kommen dann die ganz Groben, die acht mal ins Wasser hüpfen! Wir nehmen es lieber gemütlicher und spazieren den Silvaplanersee entlang nach Sils Maria. Dort ein kurzer Rundgang durch das malerische Dorf, bis wir eine Beiz gefunden haben. Schön hier, wirklich schön.

Am nächsten Tag suchen wir einen neuen See. Der soll etwas oberhalb von Surlej sein, das liegt vis à vis von Silvaplana. Nur etwas hinauf auf einem schönen Weg. Doch die Karte stimmt nicht ganz und die ausgewählte Abkürzung ist etwas steiler als angenommen. Kurz in die Hände spucken und oben sind wir. Fast magisch wirkt der Lej Nair. Zwischen den zahlreichen Nadelbäumen gelegen direkt an den Bergen gelegen. Wunderschön!

Auf der anderen Seite runter und beim Camping von St. Moritz wieder zurück zu unserem Platz. Dann einen Tag später wollen wir nur kurz den Standplatz unseres Campings anschauen. Bei der Corvatschbahn, oberhalb von Surlej, soll der Parkplatz für Campers ausgebaut worden sein. Etwas schräg, aber durchaus brauchbar. Zuerst wollen wir die Aussicht auf Silvaplana und unseren Camping geniessen. Eine Traumlage, halt mit vielen Verboten. Den einige haben diesen Flecken für sich gepachtet.

Der Regen kommt aber nicht zu kurz. Unser Platz, also unsere Wiese ist fast leer, denn es ist merklich kälter geworden und der Regen verscheucht die meisten Leute. Heute ist es nicht gar so schlimm mit der Nässe und darum versuchen wir einen neuen Weg. In der Dorfmitte von Silvaplana soll ein Wanderweg über dem Dorf geführt sein. Tatsächlich, fast überhängend, finden wir ihn und staunen ab der herrlichen Aussicht.

Da müssen wir unbedingt nochmals hin, wenn es etwas trockner ist. Aber es hat sich gelohnt. Dieser Panoramaweg führt nach Champfèr und weiter nach St. Moritz. Der Regen nimmt etwas zu und so beigen wir zum See ab und laufen zurück ins warme Camp. Bei schönen Wetter ist dieser Weg einfach spitze.

Wir erwarten Besuch. Unsere Kinder kommen hoch. Joel mit dem Bus und Jasmin will hier oben den Segelschein machen. Eigentlich Super cool, hoffen wir nur, dass das Wetter auch mitspielt. Trocken ist es und so haben wir eine gute Zeit. Der Ofen von Joel zaubert schon mal eine wirklich gute Pizza zu Tage.

Am Abend, wenn es nur nicht regnen würde, findet noch ein Konzert auf dem Dorfplatz von Silvaplana statt. Als wir um viertel vor Acht los laufen, ist es nass, wirklich nass. Schade, doch die Sänger lassen pünktlich los und präsentieren ihr gelerntes der letzten Woche. Sie hatten ein Musical-Workshop im Dorf. Gar nicht schlecht, nur schade das bei diesem Wetter nicht mehr Zuschauer erschienen sind. Tja was soll’s, wir drei, Joel, Gaby und ich vergnügen uns ab der Musik. Die Girls waren viel zu müde, um am Abend noch auszurücken.

Wir besuchen sie am nächsten Tag. Schön und warm präsentiert sich das Wetter. Der Wind? Tja der sollte gegen Mittag auch noch kommen. So geniessen wir erst mal die schöne Stimmung und essen einen feinen Burger im Pier. Die machen das wirklich gut, diese Dinger.

Endlich können die Girls trainieren und gurken fast friedlich über den See, denn der Maloia-Wind hat ein wenig eingesetzt. Am liebsten würden wir, oder besser ich, auch gleich mit. Diese Boote sind wirkliche Renner und machen unglaublich Spass.

Wir schauen gespannt dem Treiben auf dem See zu. Dann sind sie fertig, fix und fertig und kommen an den Steg.

Wir machen uns auch auf den Weg und laufen den wunderschönen Weg zurück nach Silvaplana. Beim Camping vorbei, dem kühlen Fluss entlang und beim Silvaplaner-See geniessen wir die Aussicht auf die Berge und das Wasser in vollen Zügen. Nach einer Stunde sind wir im “Lager” und bereiten den Apéro zu. Die Segler statten uns einen Besuch ab. Wirklich schön, das alle so vereint sind. So was hatten wir ja noch nie 😉 Am nächsten Morgen macht uns Eric ein feines Zmorge mit wirklich alle Schikanen. Herrlich, wirklich herrlich in dieser Umgebung es so zu geniessen.

Auch die nächsten schön warmen Tage geniessen wir vollends. Ja, diese zwei Jahre zu Hause fast eingeschlossen zu sein, hat schon etwas gar genagt. Der Kontakt mit den Leuten, so einfach unter den Menschen zu sein, haben wir fast verlernt. Wir müssen es wieder ganz von vorne anpacken, so durch die Welt zu gehen. Umso schöner, dass wir es endlich machen können. Die Abendstimmung ist heute richtig grandios und unser Hausberg zeigt sich in seiner schönsten Farben.

Am letzen Tag nochmals durch das urige Silvaplana. Die uralten Häuser könnten einiges erzählen.

Wir wollen, bevor wir nach Hause aufbrechen, nochmals unseren bei strömenden Regen gefundenen Weg nach Champfèr unter die Räder nehmen. Beim ersten Halt, direkt über dem Dorf, verschlägt es uns fast den Atem! Natürlich auch vom steilen Aufstieg, aber auch durch die phänomenale Aussicht übers Tal, die Berge und den See.

War wirklich schön hier. Ein harter aber gelungener Einstieg zurück ins Reisen. Hey Welt, wir kommen wieder!

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